Unlängst war ich erneut völlig beeindruckt von der gnadenlosen Unaufgeklärtheit eines Gro?teils der Menschen in diesem Land. Vor den Mensen diverser Universitäten unserer Republik werden von Zeit zu Zeit so genannte “Mensa-Tüten” verteilt, bei denen es sich um eine Papiertüte mit Werbeaufdruck handelt, deren Inhalt im wesentlichen aus noch mehr Werbung besteht. Das meiste davon kann man direkt in der Papiertonne versenken, nur manche Dinge haben einen praktischen Nutzen. Zu diesen zählen oftmals Getränke und Essbares, Büromaterial und Kosmetikartikel.
So war es nun auch an besagtem Tag. Eigentlich wie immer. Fast jedenfalls. Denn dieses Mal musste man vor Erhalt einer solchen Tüte, deren Inhalt sich geringfügig am Empfänger orientiert, an einem Rätsel teilnehmen. Obwohl dieses wirklich sowas von einfach war, verrieten die Betreuer bereitwillig die Lösung, so dass die Begierigen ihr Gehirn gar nicht erst einschalten mussten. Dies führte dazu, dass alle sich im Ruhezustand befindlichen Gehirne die Hände anwiesen, flei?ig die privaten Daten der dazugehörigen Person in die Felder neben dem Rätsel zu schreiben, damit endlich der Will-haben-Drang nach dieser Tüte erfüllt werden konnte.
Nachdem auch ich dieses Rätsel – ohne Hilfe – gelöst und irgendwelche, zu keiner Person gehörenden Daten, die mir gerade einfielen, in den dafür vorgesehenen Feldern notiert hatte, bekam auch ich eine Tüte und ich bin wieder einmal wirklich schwer enttäuscht, was den Menschen ihre privaten Daten Wert sind.
Ich habe mir mal den Spa? gemacht, aus dem Internet ein paar Preise für die Produkte herauszusuchen. Dabei habe ich der Einfachheit halber immer den ersten genommen, den ich gefunden habe:
Corny Müsli-Riegel :: 1,10 Euro (günstiger im 10er-Pack!), Lokale Tageszeitung :: 0,40 Euro, Salatkrönung :: 0,33 Euro, Schöfferhofer Grapefruit :: 0,58 Euro (8 Cent Pfand gab es hinterher im Laden “zurück”), Wasa Sandwich :: 0,70 Euro, Zeitschrift In Touch :: 1,80 Euro (allerdings Ausgabe März 2008), Zeitschrift Maxi :: 2,20 Euro (allerdings Ausgabe Februar 2008)
Dazu kommen noch ein paar Shampoo- und Duschgel-Proben und Klebezettel. All diese Produkte kosten zusammen nicht einmal zehn Euro. Solange die Privatsphäre den Menschen so wenig wert ist, haben Datensammler ein leichtes Spiel. Deshalb NIE vergessen:
Wenig später gab es schon wieder eine Mensa-Tüte, dieses Mal ohne Daten-gegen-Tüte-Tausch. Da war dann auch gleich noch mehr Papier und weniger Gehaltvolles drin:
Ein Deo, ein Billy Boy, ein paar Kosmetikproben, Streichhölzer, ein Textmarker, Klebezettel, ein Nescafé Cappucciono Choco. Das traurige: Die hätten auch dafür die Daten bekommen.