… Verlässlichkeit
In der Nacht vom Samstag auf den Sonntag stand ich nach der langen Nacht der Museen gegen 2:30 mit meinen Freunden an der Haltestelle für den Nachtbus am Hauptbahnhof Stuttgart. Der Bus kam 5 Minuten zu spät. Man könnte sagen, dass ist nicht der Rede wert, aber wenn man bedenkt, dass es sich um die zweite Haltestelle handelt, die der Nachtbus anfährt ist es schon sonderlich. Der Bus täuschte einen Haltevorgang an und rauschte an der Haltestelle vorbei. Der Busfahrer schaute uns Wartende an, verzog aber keine Miene. Die Informationstafeln, die sonst Informationen zum nächsten Bus oder Störungen anzeigen blieben dunkel. Laut Fahrplan käme der nächste Bus in 25 Minuten. Es ist aber auf jeden Fall zu kalt um zu warten.
Neben uns hatten gerade zwei Jungs noch schnell Ihre Tickets aus dem Automaten gezogen und starrten nun auf ihre wertlosen Papierkärtchen. In Stuttgart gelten Einzeltickets übrigens ab dem Moment in dem sie aus dem Automaten kommen. Das hei?t, man kann Einzeltickets (2,10 – 6,90€) nicht auf Vorrat kaufen. Wir hatten jeder ein Bändchen (16€) von der Langen Nacht, dass zum Nutzen von Bus und Bahn berechtigte, ich habe zusätzlich auch ein Jahresabo. Ich komme zu dem Schlu?, dass hier Leute eine Dienstleistung nicht erhalten haben, für die sie aber bezahlt haben. Wir fuhren mit einem Taxi nach Hause (15€).
Weil ich die Angelegenheit sehr ärgerlich fand, habe ich an den VVS/SSB Kundenservice geschrieben. Frau Gabi S. aus dem Unternehmensbereich Marketing und Vertrieb der Stuttgarter Stra?enbahnen AG antwortete mir:
[…] Ich kann Ihren Ärger darüber sehr gut verstehen. Beim Nachtbus können wir jedoch leider nicht garantieren, besonders bei Sonderveranstaltungen, dass jeder Kunde mit dem gewünschten Bus befördert werden kann und der Fahrplan eingehalten werden kann. […] In dieser Nacht war wie Sie selbst geschrieben haben die ‘Lange Nacht der Museen’. Deshalb war ein extrem hohes Fahrgastaufkommen bei den Nachtbussen. Leider war der Bus bereits so voll, dass keine Fahrgäste mehr zusteigen konnten. […] Bei Gro?veranstaltungen empfehlen wir möglichst früh direkt am Schlo?platz zuzusteigen. […]
Es ist unglaublich! Es wird verlangt, dass die Beförderungsendgelder im voraus gezahlt werden bzw. bei der Langen Nacht zahlt jeder Besucher pauschal mit seiner Eintrittskarte. Eine Beförderung kann aber nicht garantiert werden. Das bei der Langen Nacht der Museen die um 2:00 Uhr zu Ende ist, die Nachtbusse kurze Zeit später hoch frequentiert sind, ist sehr merkwürdig. An dieser Stelle möchte ich Fefe zitieren: “Also DAMIT konnte ja wohl NIEMAND rechnen”! Der dümmste Hinweis war jedoch, zum Schlo?platz zu laufen und dort einzusteigen. Es handelte sich um die zweite Haltestelle, der Bus ist vom Schlossplatz gekommen und war voll. Was für eine unmögliche Firma. Anstatt zu erkennen, dass es für die Menge an Fahrgästen, denen mit der Eintrittskarte eine Beförderungszusage gemacht wurde, schlicht zu wenig Busse im Einsatz waren erhält man den Tipp rechtzeitig bei der ersten Haltestelle zu sein, weil dann andere das Nachsehen haben. Wenn bei der ersten Haltestelle der Bus voll ist, wurde ernsthaft versagt, aber mit der Beantwortung meiner Beschwerde ist das Thema erledigt. Das Geld wurde eingestrichen, die Verantwortung abgelehnt, schuld ist die Lange Nacht der Museen.
Leider war das nicht mein erster Kontakt mit dem Nahverkehr in Stuttgart. Im Winter fallen Bahnen aus und es wird auch ständig gestreikt. Die Antworten waren immer gleich, wenn ich überhaupt eine Antwort bekommen habe. Da hie? es, wir haben die Anfrage nach hier und dort geleitet und irgendwann erhält man eine Nachricht, die sinngemä? aussagt, dass man Pech gehabt hat, irgendwer anderes die Schuld trägt und sie hoffen, dass man trotzem ein zufriedener Kunde ist. Anstatt zu sagen, hier hast Du einen Einzelfahrschein, den kannst Du selbst benutzen oder wenn Du Abokunde bist, dann verschenke ihn an einen Freund wenn Du mal Besuch hast. Dann hat man als Kunde das Gefühl, es gab einen Ausgleich für die bezahlte aber nicht erbrachte Leistung. Auf zu twittern: “Hoffentlich bist Du trotzdem gut nach Hause gekommen” und dann das Problem zu den Akten zu legen hilft nicht.
Diese Problematik zieht sich konsequent durch alle Lebensbereiche. Ein Produkt oder eine Dienstleistung ist mangelhaft und der Service des Unternehmens versteckt sich hinter teuren Telefon und Faxnummern oder man muss irgendwelche Formulare ausfüllen, die nach dem Absenden ohne Bestätigung im Nirvana verschwinden. Wenn man einen Kontakt Zustande bekommt, dann ist das Antwortschema gleich. Tut uns leid, wir hoffen Sie sind bald wieder zufriedener Kunde. Ende. Meine letzten Beispiele sind die Post die in den letzten Monaten drei von fünf Einschreiben verloren hat und Alice denen ich seit dem 29.01.2012 wegen einer Störung hinterhertelefoniere und Faxe. Einzige Antwort nach zwei Monaten: Tut uns leid, dass Problem ist komplex. Rufen Sie doch mal unsere 0185 xxx Hotline an. Mit eBay, PayPal, Norisbank, Deutsche Bank, Zurich, Barmer GEK, Debeka und der School of International Business and Entrepreneurship, SIBE könnte ich gleich noch weitere Seiten vollschreiben. Es wäre aber langweilig, weil es immer das Gleiche ist. Verantwortung, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit sind Werte die fast komplett verloren gegangen sind. Heute kann ich als Kunde zufrieden sein, wenn ich das erwartete und bezahlte bekomme.
Es gibt nur noch sehr sehr wenige Unternehmen, die Kundenbelange wirklich ernst nehmen. Manchmal hat auch der Kunde schlicht unrecht, aber auch das ist für guten Service kein Thema. Dem Zündkerzenhersteller Beru hatte ich mal eine Kerze zurückgeschickt und die sehr kurze Lebensdauer der Hochleistungskerzen kritisiert. Beru hat diese Kerze im Labor untersucht und festgestellt, dass sich eine ungewöhnliche Schlacke an den Rändern gebildet hatte, die dazu führte, dass die Elektrode der Kerze schnell abgenutzt war. Durch diverse Tuningma?nahmen hatte mein Motor eine höhere Zündspannung und auch höhere Brennraumtemperaturen, was grundsätzlich für diese Kerze kein Problem ist, dafür war sie gebaut. Die Dichtung zum Ölkreislauf war allerdings zu durchlässig, so dass sich zu viel Öl im Brennraum befand, was in Verbindung mit den Tuningma?nahmen zu dieser Schlacke, schlechten Verbrennungswerten und vor allem zum abnutzen der Kerzen führte. Beru schickte mir eine genaue Analyse und schenkte mir sogar einen kompletten neuen Satz Kerzen für mein Fahrzeug. Nachdem ich die entsprechenden Dichtungen gewechselt und die Brennräume gereinigt hatte fuhr der Motor merklich besser und die Kerzen hielten sogar länger als auf der Packung angegeben. Inzwischen bin ich “alt” und ändere nur noch im geringen Ma?e Hard- und Software meiner Autos (obwohl die Notwendigkeit eher gestiegen ist), aber welche Kerzen ich benutze ist klar, auch wenn ich hoffe, dass ich bald keinen Verbrennungsmotor mehr brauche.
Sicherlich kann man gut und schlecht nicht sofort am ganzen Unternehmen aufhängen, weil es davon abhängt an welchen Mitarbeiter man gelangt. Allerdings wird der Service auf unterbezahlte Callcenter abgewälzt und dann wundert man sich, warum es nicht funktioniert. Ich habe so eine Fehlentscheidung auch mit zu verantworten und würde das nicht wieder machen. Guter Service ist weder einfach noch preiswert. Aber auch das ist ein anderes Thema.