Datenschutzvergehen im Briefkasten

Eigentlich sollte es nur die Antwort auf einen Kommentar vom letzten Post werden. Wie ist die Erfahrung von Ihnen? Bringt es was? (Sich gegen Werbung im Briefkasten zu wehren) Danke für den Kommentar.

Auf jeden Fall bringt es etwas. Das intensive Interesse für Datenschutz und Wettbewerbsrecht begann bei mir vor einigen Jahren mit einem Klassiker. Ich war längere Zeit beruflich unterwegs. Eines Tages war mein Girokonto gesperrt und ich hatte dadurch echt Probleme. Warum? Mein (gro?er) Briefkasten mit Bitte-keine-Werbung-Schild war mit Adressierter, Nichtadressierter Werbung und kostenlosen Zeitungen derma?en zugestopft, dass die Zwangsauszüge der Bank mit dem Vermerk “nicht zustellbar” zurück gingen. Den Rest brauche ich nicht erzählen oder? Es ging alles schief, was schiefgehen kann. Seit dem achte ich sehr auf den Schutz meiner Daten, einen SPAM freien Briefkasten, habe eine Ausbildung zum Datenschutzbeauftragten gemacht, bin manchmal überkritisch und empfinde, auch wenn ich es nicht verwenden würde, Datenschutznazi nicht als Beleidigung.

Ich mache das nicht zum Spa?. Wir haben ein sehr gutes Datenschutzgesetz in Deutschland, aber nur wenige machen Gebrauch davon bzw. wissen von Ihren Rechten. In einer Demokratie haben wir als Bürger nicht nur Rechte, sondern auf Pflichten. Wir müssen manchmal auf unsere Rechte aufpassen, damit sie nicht langsam verschwinden. Es ist bisweilen interessant welche Einstellungen manche (nicht alle!) Firmen dazu haben. Ein Amtsblatt, welches voll mit Werbung war, hatte mir geschrieben, sie müssen an alle Haushalte ausliefern, weil irgendwelche Informationen für die Bürger enthalten sind. Stimmt nicht. Öffentliche Bekanntmachungen müssen im oder am Rathaus öffentlich einsehbar aushängen. Man hat das Recht als Bürger sich nicht zu informieren, darf sich dann aber auch nicht beschweren, wenn die Umgehungsstra?e gebaut wird. Bemerkenswert ist auch die Post mit Ihrer Dienstleistung “An alle Haushalte in der Xyz-Str. 23” oder allgemeine Postwurfsendungen. Ich habe mich darüber schon mehrfach an unterschiedlichen Orten beschwert, bekommen habe ich immer die Antwort, dass sich der Postbote genau erinnern kann, keine Sendung eingeworfen zu haben. Es gibt auch Firmen, die einen Werbe-Widerspruch als Kündigung interpretieren. Am schlimmsten ist aber die Aussage, ja Sie haben doch bei uns schon einmal etwas gekauft. Es ist zum Haareraufen. Egal wo man war oder wo man bestellt hat. Jedes Hotel, jeder Mietwagen, jeder Online-Shop, meine Hochschule oder Arbeitgeber und jeder Heckenpenner der bei eBay Schrauben verkauft. Alle schmei?en Dich ungefragt mit ihrem Dreck voll. Egal ob Werbung, Umfrage wie mir der Bestellvorgang gefallen hat oder wie das Geschäftsklima gerade ist. Phasenweise kaufe ich nichts, weil ich keinen Bock habe mich wieder über Werbung aufzuregen und zwei Briefe schreiben muss damit die Werbung aufhört.

Nur weil jemand etwas gekauft hat bzw. man mit ihm einen Vertrag geschlossen hat und man aus diesem Grund zwangsweise in den Besitz von persönlichen Daten bzw. personenbezogenen Daten gelangt ist hat man nicht das Recht diese Daten für irgendetwas anderes als die Vertragserfüllung zu nutzen. Es ist verboten! Wir sprechen hier von einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Man benötigt also eine explizite Erlaubnis des Betroffenen. Rechtliche Grundlage bei Onlinegeschäften ist hier das Telemediengesetz.

Datenschutz ist bei ganz vielen Firmen noch immer nur ein Wort und damit verbunden, dass jemand eingestellt werden muss, der dann DSB ist und den Kopf hinhalten muss wenn etwas schief läuft. Das Gehalt des DSB wird oft mit Schweigegeld verwechselt.  Datenschutz ist toll, aber nicht wenn der Geschäftsführer nach Optimierungsbedarf sucht und wissen möchte, wie oft seine Mitarbeiter auf die Toilette gehen. Er möchte auch, dass die Mitarbeiterinnen ein wei?es Stirnband tragen oder anderes Erkennungszeichen tragen wenn sie ihre Tage haben, denn dann ist es OK wenn die Damen etwas häufiger zur Toilette gehen. Natürlich gibt es ein Protokoll, denn wer zwei mal im Monat menstruiert wird aussortiert. Das ist Realität, aber schauen wir mal in die Zukunft.

<– Zukunft an –>

Für Stephan K. bleibt die Eingangstür seines Arbeitgebers verschlossen. Sein Zugangschip ist gesperrt. In der Personalabteilung erhält er seine Kündigung. Das Ma? ist voll Herr K. sagte die Dame hinter dem Tresen. Der Abwasseranalyser Ihrer Wohnung hat erneut Abbauprodukte von nicht erlaubten Substanzen detektiert. Ihr Biochip meldet zum zweiten mal in dieser Woche Schlafmangel und zu ungesunde Nahrung. Wir hatten ihnen einen übermä?igen Sü?igkeitenkonsum verboten. Sie hatten deswegen bereits 3 Abmahnungen und am Wochenende haben Sie geraucht. Sie wurden mit Arbeitskollegen in der selben Kneipe registriert. Sie wissen, dass es keine privaten Beziehungen unter Mitarbeitern geben darf? Sie haben das unterschrieben, K.! Über Ihre Rechnung vom Samstag Abend wollen wir gar nicht erst reden. Fettiges Steak und viel zu viel Alkohol. Spinnen Sie jetzt total? Seit drei Wochen waren Sie nicht im Fitnessstudio! Sie sind ein Wrak Herr K. ein Wrak. Sie sind untragbar für die Firma. Sie können mit diesem Lebensstil nicht die erwartete Leistung bringen. K. zog ihr gelangweilt die Arbeitnehmer-Identifizierungskarte aus der Hand während er sich mit der anderen Hand Gummibärchen in den Mund steckt die auf dem Tresen stehen. Auf dem Weg zum Ausgang zieht er sich aus dem Automaten eine Coke (mit Zucker, nicht light) aus dem Automaten, meldet sich mit der Chipkarte am Damenklo an, die er der Personaltante gerade unbemerkt entwendet hatte und schüttet die ganze Colaflasche ins Klo. Schönen Gru? an den Abwasseranalyser denkt er sich mit einem grinsen und geht nach Hause.

<– Zukunft aus –>

Bei meiner DSB-Ausbildung war ich der Einzige der freiwillig dort war. Alle anderen wurden von ihren Arbeitgebern geschickt, über 50% hatten überhaupt keine Lust darauf, weil Sie ihr Tagesgeschäft voll auslastet. Von solchen Firmen kommen dann Aussagen wie: “Der hat lange Weile, soll er die Mails doch einfach löschen.” oder “Werfen Sie die Werbung doch einfach weg”. Am besten mit Adresse und Geburtsdatum ungeschreddert in den Papiermüll. Mal sehen wann die ersten Leute Post bekommen. Wir haben Ihre Adresse (und noch andere tolle Sachen) im Altpapier gefunden und möchten Ihnen auf diesem Wege einen Aktenvernichter anbieten.

Datenschutz wird für die einzelne Person immer wichtiger und jeder muss für sich sein Ma? finden, aber immer daran denken: Wer seine Rechte nicht schützt, kann sie möglicherweise irgendwann verlieren.

Viel Erfolg beim Datenschützen!

Vortragstipps zum Thema:

http://www.youtube.com/watch?v=JIRzvnQkPrQ – Sachsen dreht frei

http://chemnitzer.linux-tage.de/2011/vortraege/677 – Aktiver Datenschutz mit dem BDSG

5 comments on “Datenschutzvergehen im Briefkasten

  1. Vielleicht sollte man mal “Dieser Briefkasten wird aus Datenschutzgründen videoüberwacht.” auf seinen Briefkasten schreiben. Eventuell erinnern sich dann die Postboten plötzlich ans Datenschutzgesetz… 😉

  2. *lol* der ist gut. Erinnert mich irgendwie an “Aus hygienischen Gründen wird diese Toilette videoüberwacht”.

  3. Wenn ich mich recht erinnere dürfen die so was gar nicht .Oder hat sich das Gesetz geändert. ^^ Datenschutzgesetz wir eventuell überbewertet. Welche Daten sind heute schon sicher ?

  4. Falls Du “Aus hygienischen Gründen wird diese Toilette videoüberwacht.” meinst, dass sind ironische Aufleber um die Leute mit der Nase auf den Datenschutz zu sto?en.

  5. Oh! Ich bedanke mich recht herzlich für dieses Posting als Antwort auf meinen Kommentar!
    Ich habe es zwar erst jetzt gesehen, mein Pc war eine Weile kaputt und danach habe ich einfach nicht mehr daran gedacht! Jetzt eben ist es mir wieder eingefallen. Deswegen ein leider etwas verspätetes Dankeschön!

    Sehr guter Artikel und ich werde die Dinge jetzt endlich ins Laufen bringen. Ihr Zukunftblick erschreckt. Das ist nicht nur reine Phantasie ( ok, eine wenig stilistische Überzogenheit gehört dazu), aber es kann tatsächlich einmal soweit kommen. Und das finde ich einfach nur erschreckend. Da wird einem Angst und Bange.

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