Offener Brief von 51 Tatort-Autoren

Gestern erschien ein offener Brief von 51 Tatort-Autoren. Addresiert an Grüne, Piraten, Linke und die Netzgemeinde. In meinen Augen werden in diesem Brief – sehr grob zusammen gefasst – alle genannten in einen Topf geworfen und der Umsonstkultur bezichtigt. Ziel derer im Topf ist es, diesen Diebstahl von Kultur und geistigem Eigentum rechtlich zu legalisieren. Das Wort Lebenslüge kommt mir in dem Text zu häufig vor.

Ich habe nicht viel Ahnung von der Kontentindustrie aus der die Tatort-Autoren kommen. Das liegt in erster Linie daran, dass die angebotenen Inhalte zu sehr gro?en Teilen, nicht in von mir bevorzugten Formaten vorliegt und falls doch, sehr häufig für mich nicht benutzbar sind. Stichwort: kaputte ebooks mit komischem DRM oder Hörbücher für die ich einen Windows Mediaplayer benötige. Nicht dass ich als Informatiker nicht in der Lage wäre das zu umgehen, ich habe schlicht keinen Bock irgend etwas zu reparieren bevor ich es benutzen kann. Ich kaufe mir ja auch kein offensichtlich kaputtes Auto, mit dem ich nur auf bestimmten Stra?en fahren kann. In meiner Kontentindustrie funktionieren die Sachen. Beispiele? OK, aber nur ein paar, den Rest müsst ihr selbst finden: Das Kraftfuttermischwerk, Das Büro des Todes, Davids Zusamenschnittescene.org, Küchenradio und Spreeblick. Die Metaebene mit Dunstkreis brauch ich nicht zu erwähnen, kennt ja eh jeder. Brauchbare Bezahlmodelle gibt es übrigens auch manchmal.

Der Chaos Computer Club, der sich zur Netzgemeinde gehörig fühlt, hat mit einem offenen Brief von 51 Hackern des CCC geantwortet. Es wird (nicht nur intern) applaudiert.

BBM & BlinkenArea die Zweite

Wenn die Gruppen BBM (Beobachter der Bediener von Maschinen) und BlinkenArea ein gemeinsames Projekt umsetzen, vermischen sich Roboter, Lichtkunst, Politik, Zukunftsangst, Design, Maschinenbau, Kunst & Informatik. Chancen und Risiken. Das Theater der Welt Projekt TROIA – Temporary Residence Of Intelligent Agents war 2005 auf dem Höhepunkt in Stuttgart zum bersten mit Spannungen überladen. Sowohl innen als auch nach au?en. Geradazu grotesk und provokant, in die Stadt mit den höchsten Pro-Kopf-Kulturausgaben im Land und einem eher konservativen Theater Publikum eine riesige Pizzaschachtel zu krachen, aus der dann aber keine Pizza heraus kam. Sondern dank der Intendantin Marie Zimmermann eine gro?artige Bandbreite an modernem Theater. TROIA war weit vorn, durch die nie dagewesene Technik und die Tatsache, dass sich Zuschauer, Schauspieler und Techniker in einem Raum – der die Bühne war – befanden. Die gro?e aber leider fast unbeobachtete Kunst die uns TROIA bescherte, war aber die Wandlung während der Laufzeit. Von einem ausgeflippten, hyperaktiven, zuckenden und von Eindrücken bepackten – zu einem weichgespülten, fast massentauglichen Stück, was jedoch vielen Menschen den Zugang zum Thema überhaupt erst ermöglichte. Es gab tolle Texte in der Presse sowie einen Beitrag bei ttt – Titel Thesen Temperamente im Ersten. Bei den Vorführungen des Hörstücks Demonen lagen am Ende die Besucher auf dem Boden wie Tote. TROIA war erschöpft von den vielen Besuchern und der täglichen Verwandlung. Leider gibt es nur wenige Menschen die alle TROIA Aufführungen gesehen haben und es gibt auch kaum Videoaufnahmen. Dies und auch die Tatsache, dass das TROIA-Gebäude der Aluminiumverwertung zugeführt wurde und jetzt vielleicht als schicke Alufelge herumfährt, stellt einen weiteren wichtigen Punkt von Kunst dar: Vergänglichkeit.

Zur Überschrift BBM & BlinkenArea die Zweite: Inzwischen sind 7 Jahre vergangen. Es gab in der Zeit viele gemeinsame kleine und gro?e Aktivitäten. Die Gruppen haben nicht wirklich den Kontakt verloren, trotzdem fühlt es sich (besonders für mich) wie ein Neuanfang an.

BBM und BlinkenArea präsentieren:

EPKOT – Experimental Prototype Killers of Tomorrow ***

Eine interaktive Installation mit 6 Robotern und 150 qm Pixelfläche in der Messehalle 6 der Hannover Messe vom 23. – 27.04.2012.

Text von Olaf Arndt <olaf ‘at’ bbm.de>:

In dem interaktiven Szenario EPKOT führen sechs Roboter ein “Gespräch”. Es sind Kampfmaschinen, die ohne menschliches Zutun ihren Weg finden und auf das Erscheinen von Personen im Raum reagieren. Die Maschinen sind mithin “intelligent”. Aber was leitet ihr Verhalten?

Ihr Thema: Grenzen und Beschränkungen, aber auch ungeahnte Handlungsmöglichkeiten, jenseits jeder ethischen Skrupel. Hier zeigt sich das wahre Gesicht jener im “Kampf gegen den Terror” ausgerufenen “Revolution in Sachen des Militärs”. Roboter arbeiten heute zur Unterstützung von Grenzkontrolltruppen, helfen Ausrüstung tragen, Gefangene bewachen, dringen selbständig in verminte oder verseuchte Gelände ein. Au?er fliegen, klettern, schwimmen, greifen, schneiden und bohren können sie mittlerweile auch recht präzise töten. Ist der perfekte Mörder des 21. Jahrhunderts eine Maschine?

Warum erscheint es den Menschen so komfortabel, die Drecksarbeit von einem Apparat erledigen zu lassen? Wie viel Verantwortung nimmt ein Gerät dem Soldaten ab? Welche Gesellschaft entsteht, wenn wir Apparaten, “einfachen komplizierten Vehikeln”, im Rahmen der Software “gewisse Freiheiten” einräumen? BBM und BlinkenArea errichten zur Beantwortung dieser Frage einen Themenpark eigener Art.

BBM arbeiten für EPKOT mit der Nichtregierungsorganisation ICRAC (International Committee for Robot Arms Control) zusammen. ICRAC untersucht mit Unterstützung international renommierter Experten, welche Kraft zur Veränderung unserer demokratischen Gesellschaft der Einsatz solcher Maschinen besitzt. Zu den hochrangigen Wissenschaftlern von ICRAC zählt Dr. Steve Wright, der an der Universität Leeds einen Lehrstuhl für Globale Ethik bekleidet. Wright hat mit BBM bereits im Projekt TROIA über die “Technologien Politischer Kontrolle” von 2004 – 2006 zusammengearbeitet. Gründer von ICRAC ist Prof. Noel Sharkey, ein kritischer Vordenker der “Künstlichen Intelligenz” und Miterfinder des BBC-Formates “Robot Wars”.

Noch gibt es die autonom feuernden Militär-Roboter nicht. Noch braucht es zwei Personen und eine Kommandokette: stets sitzt ein Mensch an den Joysticks und schie?t auf Befehl. Aber die Vision von der autonomen Soldaten-Maschine hat die Science-Fiction-Romane und -Drehbücher verlassen und Eingang in militärische Konzepte gefunden. Der Weg zum bewaffneten Robo-Killer ist frei. Auf mehr als 1700 wird die Zahl der Opfer geschätzt, die allein zwischen 2004 und 2010 durch Drohnen getötet wurden, sagt Noel Sharkey. Seither sind es signifikant mehr.

BBM: Olaf Arndt, Maarten Kippenbroek, Janneke Schönenbach, Lars Vaupel
BlinkenArea: Stefan Schürmans, Stephan Kambor, Martin Winkler

*** Den Namen Epcot haben sich BBM angeeignet und inhaltlich umgedeutet. Er stammt von Walt Disney. Das Akronym EPCOT bedeutet ursprünglich “Experimental Prototype Community of Tomorrow”. Das ist der Name einer utopischen Stadt der Zukunft, die von Walt Disney in Anlehnung an die Struktur seines Heimatdorfes geplant wurde. In Walt Disneys Worten hei?t das: “Es wird eine Gesellschaft von morgen sein, die nie fertig sein wird, sondern ständig neue Technologien und Systeme ausprobiert. EPCOT wird ein Vorzeigeprojekt für die Welt sein, für die Erfindungsgabe und Vorstellungskraft der freien Wirtschaft.“

Lange Nacht der Museen Stuttgart

Heute ab 19:00 Uhr beginnt die Lange Nacht der Museen in Stuttgart. Zum ersten Mal werden heute in der Staatsgalerie die Jungen Freunde Staatsgalerie in Erscheinung treten. Passend zum Wetter machen wir auf unsere Gründungsparty mit dem Thema “Frühlingserwachen” am 28. April 2012 aufmerksam. Kommt heute in der (neuen) Staatsgalerie in der Konrad-Adenauer-Str. 30-32 vorbei und verteilt Samen auf unserem Beet. Zur Gründungsparty wird dann dort unser Logo gewachsen sein.

Anbei meine erste Interpretation unseres Logos:

Logo: Junge Freunde Staatsgalerie
Logo: Junge Freunde Staatsgalerie

Keine Behandlung …

für Datenschutzbewusste oder Grundrechtsabgabe für die Zahnbehandlung.

Heute ist eine Situation eingetreten, die ich vorhergesagt habe, mir aber natürlich gewünscht habe, dass diese nicht eintritt. Ich hatte die Wahl zwischen Datenschutz und einer Zahnarztbehandlung.

Nach 6 Monaten in der neuen Wahlheimat Stuttgart, war es an der Zeit mir einen Zahnarzt zu suchen. Ich wurde nur wenige Meter von meinem Arbeitsplatz bei der Zahnarzt Praxis Dres. Wild, Hitzler, Klenk & Partner am Charlottenplatz 6 fündig. Ich erhielt telefonisch einen Termin in 14 Tagen und bekam einen Brief mit Informationsmaterial, Anamnesebogen und einer Einwilligungserklärung zur Abtretung eventueller Forderungen. Das ist grundsätzlich kein Problem, die Praxis tritt ihre erworbenen Ansprüche an die EOS Health Honorarmanagement AG ab und diese kümmert sich um die Abrechnung. Um die Abrechnung durchzuführen werden dazu die personenbezogenen Patientendaten an den Dienstleister übermittelt. Natürlich auch Behandlungsdaten, denn auf der Rechnung darf ja nicht einfach stehen “200 Euro für Zahnbehandlung“. Es müssen mehr Details übermittelt werden z.B. ob es sich um Zahnersatz, Vorsorge-, Zahnstein- oder Schönheitsbehandlung handelt. Einer solchen Firma, die nicht an die ärztliche Schweigepflicht gebunden ist, stehen alle Möglichkeiten offen diese Daten auszuwerten und zu Nutzen. Das kann alles gut gehen und ist auch erlaubt, solange diese besonders schützenswerten Daten nach dem BDSG behandelt und übertragen werden und die Verwendung der Daten zwischen Praxis und Dienstleister auf die jeweilige Abrechnungsaufgabe beschränkt ist und es keine Ausnahmen gibt.

Die Health AG gehört zur EOS Gruppe und diese gehört zur Otto Gruppe. Die Konzernfirmen der Otto Gruppe sind in meiner Wahrnehmung nicht positiv mit dem Thema Datenschutz belegt.

Da ich jedem unterstelle, dass er es gut und ehrlich meint, habe ich die Formulare aus- und unterschrieben. Wie immer, wenn ich irgendwo meine persönlichen Daten angebe habe ich meinen Stempel – “Ich widerspreche der Nutzung oder Übermittlung meiner Daten für Werbezwecke oder für die Markt- und Meinungsforschung. (§ 28 Absatz 3+4 Bundesdatenschutzgesetz)” benutzt. Dies stellt deutlich klar, dass die Daten bestimmungsgemä? verwendet werden dürfen, aber eben für nichts anderes.

An der Rezeption der Zahnarztpraxis übergab ich den Anamnesebogen und die Einwilligungserklärung. Die Dame erklärte mir, dass durch den Stempel die Erklärung ungültig sei. Ich erwiderte, dass dies nur bedeutet, dass ich keine Werbung möchte und die Daten auch mit diesem Stempel bestimmungsgemä? verwendet werden dürfen. Sie sagte sinngemä?, dass es eine Praxis-Etikette gäbe nach der die Daten nicht für Werbung verwendet werden und dass ich das Formular noch einmal – ohne Stempel – neu ausfüllen könne oder ich werde nicht behandelt. Ich sagte, ich möchte meine Daten nicht ohne diese Erklärung abgeben. Dann zerriss die Dame die Erklärung und sage mir, dann kann ich nichts für sie tun und zeigte mir freundlich den Weg zum Ausgang.

Letztendlich bleibt es dem Arzt bzw. der Praxis überlassen, wen Sie unter welchen Bedingungen behandelt. Menschen zu zwingen, Grundrechte abzugeben (vgl. Art. 1 + 2 Grundgesetz + Art. 8 der EU-Grundrechtecharta) um behandelt zu werden ist meiner Meinung nach unglaublich falsch. Dass mündlich absoluter Datenschutz zugesichert wird, selbiges in Schriftform jedoch zur Nichtbehandlung führt, lässt tief blicken.